Fluoxetin verbessert die Wiederherstellung der Beweglichkeit nach einem Schlaganfall

Forscher um François Chollet [1] des Inserm in Toulouse (Midi-Pyrénées) konnten jetzt nachweisen, dass die Verabreichung von Fluoxetin (Handelsname Prozac®) kurz nach einem Schlaganfall die Wiederherstellung der Beweglichkeit verbessern kann, wodurch die Patienten ihre oft stark beeinträchtige Unabhängigkeit wiedergewinnen würden. Die Studie erhielt die Bezeichnung FLAME für Fluoxetine for motor recovery after acute ischaemic stroke – Fluoxetin zur Wiederherstellung der Beweglichkeit nach einem ischämischen Schlaganfall. Die Ergebnisse wurden am 10. Januar 2011 in der Fachzeitschrift The Lancet Neurology veröffentlicht [2].



Schlaganfälle treten nach dem Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn auf. Sie sind die dritthäufigste Todesursache und die zweithäufigste Ursache für Behinderungen bei Erwachsenen in Frankreich. Jedes Jahr erleiden 130.000 Menschen zum ersten Mal einen Schlaganfall. Er kann irreversible Schäden verursachen, da die Nervenzellen im Gehirn nicht mehr mit Blut und somit mit Sauerstoff versorgt werden und deshalb absterben. Zudem können sich Nervenzellen nicht erneuern (oder nur in sehr seltenen Fällen). Aus diesem Grund sind die Hemiplegie (halbseitige Körperlähmung) und die Hemiparese (Bewegungsschwäche einer Körperhälfte) die häufigsten Folgen eines Schlaganfalls. Das französische Gesundheitsministerium hat 2010 einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Schlaganfalls verabschiedet [3].


An der zwischen März 2005 und Juni 2009 durchgeführten klinischen FLAME-Studie nahmen insgesamt 118 halbseitig gelähmte Patienten auf neun Schlaganfall-Stationen (Stroke Unit) in Frankreich teil. Den Patienten wurde nach dem Schlaganfall über drei Monate täglich entweder 20mg Fluoxetin (59 Patienten) oder ein Placebo (59 Patienten) verabreicht. Alle Betroffenen erhielten Rehabilitationsmaßnahmen. Bewegungstests wurden vor Beginn der Studie und nach drei Monaten durchgeführt. Dabei mussten die Patienten einfache Übungen mit den oberen und unteren Gliedmaßen (Beugen, Strecken der Finger, des Handgelenks, des Fußes, etc.), aber auch komplexere Übungen (die Hand auf den Rücken legen, ein Objekt greifen, etc.) absolvieren. Alle Übungen wurden nach einem Bewertungsmaßstab beurteilt, der von der Wissenschaftsgemeinschaft anerkannt ist.


©Inserm/F.Koulikoff

 

Nach dem Anfall erlangten alle Patienten ihre Beweglichkeit mehr oder weniger zurück. Jedoch war bei den Fluoxetin-Patienten die Wiederherstellung deutlicher zu beobachten als bei den Patienten, denen ein Placebo verabreicht wurde. Diese Verbesserung war sowohl bei den Armen als auch bei den Beinen zu beobachten. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Lähmung bei den mit Fluoxetin behandelten Patienten deutlicher abnahm, als bei den Placebo-Patienten und sie ihre Unabhängigkeit im Alltag schneller zurückgewannen (Gehen, Waschen, alltägliche Bewegungen, etc.). Die Behandlung wurde gut vertragen und es traten nur schwache Nebenwirkungen auf. Die Fluoxetin-Patienten klagten häufiger über Verdauungsstörungen, litten aber seltener unter Depressionen.


Nach Ansicht der Wissenschaftler hat das Arzneimittel einen positiven Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit der Neuronen und bietet deshalb einen neuen therapeutischen Ansatz. Außerdem ist das Patent zu diesem Medikament zum Gemeingut geworden und wird dadurch kostengünstiger.

Weitere Studien sollen folgen, um beispielsweise die Langzeitwirkung, die Dauer einer optimalen Verabreichung und die Auswirkungen auf die Nervenfunktionen (abgesehen von der Motorik) zu untersuchen.


[1] Inserm Einheit 825 “ Hirn-Tomographie  und neurologische Behinderungen“

Interview von François Cholet über die Ergebnisse dieser Studie auf LCI/Aviesan (auf Französisch)

[2] Originalpublikation: „Fluoxetine for motor recovery after acute ischaemic stroke (FLAME): a randomised placebo-controlled trial“, The Lancet Neurology – 10.01.2011 – http://www.thelancet.com/journals/laneur/article/PIIS1474-4422%2810%2970314-8/fulltext

[3] Weitere Informationen über den nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Schlaganfalls (auf Französisch)


Kontakt:

François Chollet – Inserm Einheit 825 “ Hirn-Tomographie  und neurologische Behinderungen“, Abteilung für Neurologie, CHU Purpan, 31059 TOULOUSE CEDEX 3 – Tel: +33 561779504 – Fax: +33 561499524 – E-Mail: francois.chollet@inserm.fr

Quelle:

La fluoxetine (Prozac) accroit la récupération de la motricité après un accident vasculaire cérébral“, Pressemitteilung des Inserm – 10.01.2011

Redakteurin:

Claire Cécillon, claire.cecillon@diplomatie.gouv.fr