Chancen für Frankreich im weltweiten Digitalisierungs-Wettbewerb
Der französische Arbeitgeberverband Medef hat unter dem Titel „Digital disruption lab“ einen umfangreichen Bericht über die Digitalmarkt-Strategien von 22 Ländern in Europa, Amerika, Asien und Afrika sowie eine Webseite (teilweise auf Englisch) veröffentlicht. Ziel ist es hierbei, französische Partnerschaften mit Unternehmen im Ausland aufzubauen, innerhalb Frankreichs mehr Interesse für das Thema zu generieren und die ausländischen Digitalmärkte durch Exkursionen und Analysen zugänglicher zu machen. So will die Medef zur digitalen Transformation der französischen Wirtschaft und dem Ausbau ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Die Untersuchung ist das Ergebnis von anderthalb Jahren Vorarbeit, zehn Workshops am Medef-Sitz in Paris sowie Reisen des Medef-Digitalbeauftragten und Unternehmers Olivier Midière in 22 Länder.
Wie der Bericht zeigt, haben alle untersuchten Länder eine Marketing-Strategie entwickelt, um Talente im umkämpften Digitalmarkt in ihrem Land zu halten oder sie anzuziehen. Jedoch ließen sich keine klaren Auswirkungen der Strategien auf das Wirtschaftswachstum oder die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen nachweisen. Für Midière zeigt dies vor allem den Bedarf nach neuen statistischen Instrumenten, um den wirtschaftlichen Wandel zu erfassen, bei dem zunehmend mit und durch Daten Handel betrieben wird. Zudem gebe es kein ideales Land, um ein Startup zu gründen. Alle Länder hätten Vor- und Nachteile und eine Unternehmensgründung bliebe letztlich eine sehr persönliche Entscheidung, die von zahlreichen Faktoren beeinflusst ist. Führend im Bereich Digitalwirtschaft sind laut der Analyse die USA, Israel, Singapur und Estland (Écosystème Leader). Nur dort sind Innovationsförderung im Bereich Digitalisierung und nationale Wirtschaftsstrategien eng miteinander verknüpft. Deutschland gehört wie auch Frankreich, China oder Schweden zu den „reifen“ Ländern (Écosystème mature) mit zahlreichen Startups und hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE), aber ohne langfristige Strategie.
Midière plädiert insgesamt für eine starke europäische Zusammenarbeit im Digitalbereich, und zwar um „Technologiemonopole zu beenden, die nicht allein über die Zukunft der Menschheit entscheiden dürfen“, aber auch übergreifende ethische Standards für die technologischen Erweiterungen menschlicher Fähigkeiten zu entwickeln – zum Beispiel in Form einer internationalen Beobachtungsstelle zu diesen Fragen. Weiterhin sind für ihn der europäische Schutz der Datenhoheit für Individuen und Unternehmen sowie eine Rehabilitierung des politischen Handelns zentral. Innerhalb dieses Rahmens sollte Frankreich seine eigene Strategie entwickeln. Die größte Hürde für eine französische Marktführerschaft im Bereich „Smart Economy“ sieht Midiére hierbei in der mangelnden Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Startups. Die Unternehmen müssten mehr miteinander kooperieren und gemeinsam eine umfassende Strategie entwickeln. Global betrachtet warnt der Bericht vor einer weltweiten Startup-Blase, in der junge Unternehmen selten die notwendigen Investitionen von Summen über 20 Millionen Euro einwerben können, die es in der Regel braucht, um zu wachsen und den Sprung zum mittelständischen Unternehmen oder Konzern zu schaffen.