Mehrjähriger Finanzrahmen für französische Forschungseinrichtungen: Arbeitsgruppen reichen Vorschläge ein

Mehrjähriger Finanzrahmen für französische Forschungseinrichtungen: Arbeitsgruppen reichen Vorschläge ein

Am 1. Januar 2021 soll in Frankreich das „Mehrjährige Programmgesetz für die Forschung“ (Loi de programmation pluriannuelle de la recherche) in Kraft treten. Dank der dort gewährleisteten budgetären Planungssicherheit und begleitenden Reformen soll die französische Forschung sichtbarer und leistungsstärker werden. Französische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fordern seit vielen Jahren einen solchen mehrjährigen Finanzrahmen für die Forschungsinstitute der öffentlichen Hochschul- und Forschungseinrichtungen. Auch in zahlreichen Studien und Empfehlungen wurde in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen dass die französische Forschung unterfinanziert ist. So investierte Frankreich 2016 beispielsweise 42,6 Milliarden Euro weniger in Forschung und Entwicklung als Deutschland.

Die drei zur Vorbereitung des Programmgesetzes ins Leben gerufenen Arbeitsgruppen „Finanzierung“, „Attraktive Karrierewege“ und „Angewandte Forschung“ legten nun Premierminister Edouard Philippe ihre Empfehlungen vor. Die Arbeitsgruppen sind mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Abgeordneten sowie Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern (Arbeitsgruppe „Angewandte Forschung“) besetzt, darunter mehrere Präsidenten/-innen öffentlicher Forschungseinrichtungen und Universitäten und der bekannte Abgeordnete und Mathematiker Cédric Villani. Über eine Internetplattform konnten bis Mitte Mai 2019 landesweit alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Vorschläge einreichen.

Die Arbeitsgruppe „Finanzierung“ empfiehlt für den geplanten Finanzrahmen zwei bis 3,6 Milliarden Euro zusätzliche Mittel pro Jahr, um die Grund- wie Projektfinanzierung in der Forschung zu verbessern. Die Grundfinanzierung öffentlicher Forschungsinstitute – die häufig von Hochschulen und Forschungseinrichtungen gemeinsam unterhalten werden – sei zwischen 2011 bis 2017 um 1,7 Prozent gesunken und bedürfe einer Aufstockung von 500 Millionen Euro. Damit würde der „wirtschaftlich unsinnige“ Zustand ausgeglichen, dass man Institute schaffe und Personal einstelle, ohne Gelder für Forschungsprojekte zur Verfügung zu stellen. Die zusätzlichen Mittel sollten aber nur an leistungsstarke Institute vergeben werden. Weitere sieben Milliarden Euro seien für Sanierungsmaßnahmen der Gebäude notwendig. Zudem schlägt die Arbeitsgruppe unter anderem eine Aufstockung des Budgets der Nationalen Agentur für Forschungsförderung ANR vor. Deren Projektauswahl sei durch die niedrige Gesamterfolgsquote von 15 Prozent „willkürlich“.

Die Arbeitsgruppe „Attraktive Karrierewege“ weist insbesondere darauf hin, dass das Gehalt der Wissenschaftler/-innen in Frankreich „unanständig wenn nicht gar unwürdig“ niedrig sei – insbesondere im internationalen Vergleich. Auch die Doktoranden müssten besser entlohnt werden. Hier seien 2,4 Milliarden Euro zusätzlich nötig. Zu den weiteren Empfehlungen zählen eine Lehrentlastung für Forschende am Anfang ihrer Karriere und das Experimentieren mit neuen Vertragsformen, wie etwa den „Tenure Tracks“, also der Entfristung eines Postens nach einer bestimmten, mehrjährigen Probezeit.

Insgesamt, so die Tageszeitung „Le Monde“, seien die geforderten Mehrausgaben wenig überraschend und seit langem bekannt: Sie entsprächen in etwa der Summe, die Frankreich mehr investieren müsse, um den prozentualen Anteil der öffentlichen Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf ein Prozent zu steigern, so wie es in den meisten Industrienationen der Fall sei. Aktuell liegt dieser Anteil bei 0,78 Prozent.

Die dritte Arbeitsgruppe „Angewandte Forschung“ hat zahlreiche Vorschläge ausgearbeitet, wie sich die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft verbessern ließe. Dazu gehört beispielweise die Ausschreibung „Universitärer Innovationszentren“ (Pôles universitaires d’innovation), um bestehende, innovationsstarke Hochschulstandorte sichtbarer zu machen oder die Verstetigung von erfolgreichen Innovationsstrukturen, wie etwa den Instituten für technologische Forschung IRT oder den Gesellschaften zur Beschleunigung des Technologietransfers SATT, die über das fondsfinanzierte Programm für Zukunftsinvestitionen PIA initiiert wurden und bisher auch finanziert werden.

Premierminister Edouard Philippe hat sich laut Le Monde bisher noch nicht im Einzelnen zu den teils sehr detaillierten Vorschlägen geäußert. Er habe jedoch bereits signalisiert, dass insbesondere die Entgeltfrage Zeit bräuchte. Bis Ende des Jahres will die Ministerin für Hochschulbildung, Forschung und Innovation Frédérique Vidal einen Gesetzesentwurf vorlegen, der im kommenden Jahr verabschiedet werden soll.

Redaktion:  Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule

Quelle:

Redaktion: 26.09.2019 von Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule