Auch niedrig dosierte Antibiotika fördern die Entstehung von multiresistenten Bakterien
Forscher des Pasteur-Instituts und des CNRS haben gezeigt, dass auch der Einsatz von niedrig dosierten Antibiotika das Auftreten von Resistenzen bei pathogenen Bakterien erhöhen kann. Die Wissenschaftler konnten feststellen, dass eine geringe Konzentration an Antibiotika bereits ausreicht, um bei diesen Bakterien eine Stress-Reaktion – “SOS”-Reaktion – auszulösen, die wiederum zur Bildung von Resistenzgenen führt.
Die Entstehung von multiresistenten Bakterien macht eine erfolgreiche Behandlung von Infektionen mit Antibiotika immer mehr zu einem zufälligen Glückstreffer. Sowohl im Abwasser als auch bei Menschen, die mit Antibiotika behandelt werden, können hohe Bakterienkonzentrationen mit geringen Antibiotikamengen auftreten.
Professor Didier Mazel und Zeynep Baharoglu, Leiter bzw. Forscherin der Abteilung Plastizität des Bakterien-Genoms (Pasteur / CNRS-Institut) haben nun die physiologischen Auswirkungen und die sich eventuell daraus ergebenden genetischen Folgen untersucht. Sie konnten aufzeigen, dass niedrige Antibiotika-Konzentrationen aus der Familie der Aminoglykoside (in Krankenhäusern zur Behandlung zahlreicher Infektionen eingesetzt) die Entstehung von Resistenzgenen bei verschiedenen pathogenen Bakterien (wie der Vibrio cholerae – Krankheitserreger der Cholera oder Klebsiella pneumoniae – Auslöser von Atemwegserkrankungen) fördern. Wissenschaftler erklären dieses Phänomen durch folgenden Mechanismus: Selbst eine 100-fach geringere Antibiotika-Dosis als die letale löst im Bakterium eine Stress-Reaktion aus. Dies geschieht, wenn der bakteriellen DNA Gefahr droht. Die durch die “SOS”-Reaktion ausgelöste Bildung von Resistenzgenen geschieht auf zwei Wegen: Die Anzahl der Mutationen des Bakterien-Genoms erhöht sich und das Protein Integrase (integriert oder entfernt DNA-Sequenzen, die häufig Träger der Resistenzgene – Integrone – sind, in das/aus dem Bakterien-Genom) wird aktiviert.
Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, warum das Bakterium Escherichia coli keine SOS-Reaktion auf Aminoglykosiden zeigte, während sie bei anderen, genetisch sehr ähnlichen Spezies zu beobachten war. Die Antwort liegt in der Stabilisierung des RpoS-Proteins der E. coli, der bei Bakterien als Stressregulator fungiert. RpoS verhindert den oxidativen Stress, der die SOS-Reaktion bei anderen Bakterien auslöst.
Die Auslösung der SOS-Reaktion ist für die Ausbildung der bakteriellen Resistenz also wesentlich. Folglich sind Faktoren und Zwischenprodukte, die diese Reaktion auslösen, potenzielle Ziele für die Entwicklung neuer antibakterieller Therapien. Durch die Entdeckung des RpoS-Faktors ist nun auch die Entwicklung von Adjuvantien für Antibiotika denkbar.
Kontakt: – Nadine Peyrolo – Presseabteilung des Pasteur-Instituts – Tel. : (+33) 1 45 68 81 47 – E-Mail: presse@pasteur.fr
Quelle: Pressemitteilung des CNRS – 11/04/2013 – http://www2.cnrs.fr/sites/communique/fichier/cp_resistance_final.pdf
Redakteur: Louis Thiebault, louis.thiebault@diplomatie.gouv.fr