Kampf gegen Herzinsuffizienz: zwei wichtige Fortschritte

Herzinsuffizienz ist die krankhafte Unfähigkeit des Herzens, die vom Körper benötigte Blutmenge ohne Druckanstieg in den Herzvorhöfen zu fördern. Diese Krankheit betrifft 5 bis 6 Millionen Europäer und kann verschiedene Ursachen haben (Herzinfarkt, Herzklappenerkrankung, Bluthochdruck, etc.). Die Symptome sind Kurzatmigkeit, Fuß-Ödeme und Luftnot beim Hinlegen.

Zwei neue Therapieansätze für Herzinsuffizienz wurden vor kurzem erfolgreich getestet: Innerhalb von nur wenigen Tagen wurde bekannt, dass der zweite Patient mit einem künstlichen Herz der Firma Carmat nach Hause entlassen wurde, und dass erstmals Herzzellen, die aus embryonalen Stammzellen gewonnen wurden, im Georges Pompidou European Hospital transplantiert wurden.

 

 

 

Das französische Unternehmen Carmat hat ein künstliches Herz entwickelt, das darauf abzielt, Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz (weniger als ein Jahr Lebenserwartung) einen neuen Therapieansatz zu bieten. Es ist ein „komplettes“ Kunstherz, da es zwei Herzkammern hat. Es ist das einzige biokompatible und autoregulierte künstliche Herz weltweit: Das gesamte Kunstherz ist mit biokompatiblem Gewebe überzogen und passt sich automatisch den Veränderungen der körperlichen Belastung des Patienten an.

 

Eine erste Prothese wurde bereits am 18. Dezember 2013 implantiert. Der 76 Jahre alte Patient, Claude Dany, war 74 Tage später wegen einer defekten elektronischen Komponente des Implantats gestorben.

 

Ein zweiter Patient hat am 5. August 2014 in Nantes ein Carmat-Herz bekommen. Laut Prof. Alain Carpentier, Entwickler des Geräts, konnte der 68 Jahre alte Patient am 2. Januar 2015 nach Hause zurückkehren und ein „normales Leben“ führen.

 

Der Patient wurde vorher in der Anwendung des Geräts geschult. Dieses besteht aus der Prothese selbst, die durch ein Kabel mit einem externen System zur Versorgung und Überwachung verbunden ist. Die Prothese wurde mit wieder aufladbaren Batterien ausgestattet. Ein Router speichert die Daten über den Prothesenbetrieb, und eine Überwachungskonsole warnt davor, wenn nur noch 90 Minuten Batterielaufzeit bleiben oder wenn ein Problem erkannt wird. Der Patient muss lediglich täglich die Batterien austauschen. Das gesamte System wiegt nur 3 kg.

 

Für die Machbarkeitsstudie wird zwei weiteren Patienten ein Kunstherz implantiert. Carmat hofft auf eine EU-Zertifizierung im Jahr 2016.

 

Erste Transplantation von aus embryonalen Stammzellen gewonnenen Herzzellen

 

Am 21. Oktober 2014 haben Prof. Philippe Menasché und sein Team des Georges Pompidou European Hospital (Paris) aus embryonalen Stammzellen gewonnene Herzzellen bei einer 68 Jahre alten Frau mit schwerer Herzinsuffizienz transplantiert. Bei der Patientin wurde auch eine koronare Bypassoperation vorgenommen. Zehn Wochen nach der Operation ist die Patientin wohlauf. Ihr Zustand hat sich verbessert und es traten keine Komplikationen auf. Dies wurde am 16. Januar 2015 auf der 25. Europäischen Tagung der französischen Gesellschaft für Kardiologie bekanntgegeben.

 

Prof. Menasché forscht seit 20 Jahren an einer Zelltherapie für Patienten mit Herzinsuffizienz. Ziel ist es, in den abgestorbenen Teil des Herzens Zellen zu transplantieren, die sich wie der Herzmuskel zusammenziehen können. Diese Methode wäre weitaus weniger belastend als eine Herztransplantation.

 

Zunächst versuchte das Team im Jahr 2000 Muskelzellen aus dem Oberschenkel des Patienten in sein Herz zu transplantieren. Diese Operation brachte jedoch nicht die erhofften Ergebnisse. Das Team begann dann mit embryonalen Stammzellen zu arbeiten. Diese Zellen stammen von Embryonen, die im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation erzeugt wurden und zu allen Zelltypen ausreifen können.

 

Die Forscher haben in Zusammenarbeit mit der Abteilung Gewebe- und Zellbiotherapie des Krankenhauses Saint-Louis (Paris), unter der Leitung von Prof. Jérôme Larghero, eine Methode für die Spezialisierung dieser Zellen entwickelt, um junge Herzzellen zu gewinnen. Darüber hinaus haben sie einen Reinigungsprozess entwickelt, um die nach dem Spezialisierungsprozess noch undifferenzierten Zellen, die zu Tumoren führen können, zu entfernen.

 

Außerdem hat das Forscherteam der Professoren Menasché und Larghero eine andere Verabreichungsmethode entwickelt, mit der die Zellen in Form eines Patches und nicht durch Spritzen verabreicht werden. Die Herzzellen werden in ein Gel integriert, das während der Operation auf die Infarktzone aufgebracht wird.

Im Mai 2013 hatte die nationale Behörde für die Sicherheit von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten (ANSM) eine Studie an sechs Patienten genehmigt. Das Protokoll sieht neben der experimentellen Zelltherapie eine koronare Bypassoperation vor. Ein erster Patient wurde bereits erfolgreich operiert, starb jedoch kurz darauf.

 

Die Operation im Oktober 2014 verlief gut und es traten keine Komplikationen auf. Die Patientin konnte nach Hause entlassen werden und ihr klinischer Zustand hat sich seitdem verbessert.

 

Es scheint, als ob die positiven Effekte der differenzierten Stammzellen mit den von ihnen ausgeschütteten Stoffen zusammenhängen. Die direkte Verabreichung dieser Stoffe wäre also eine mögliche Alternative.

 

Die klinische Studie wird mit vier anderen Patienten weitergeführt.

 

Verschiedene Ziele

 

Diese beiden Ansätze, ein elektromechanischer und ein biologischer, verfolgen nicht das gleiche Ziel: Sie sollen beide die Herzinsuffizienz behandeln, sind jedoch für unterschiedliche Patientengruppen geeignet. Die Zelltherapie ist auf Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz ausgerichtet, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken, deren Herz jedoch nicht vollständig ersetzt werden muss. Die Therapie soll lediglich die Regeneration der abgestorbenen Herzregionen anregen. Dagegen zielt die Carmat-Prothese darauf ab, das Herz zu ersetzen, und ist deshalb für Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz bestimmt.

 

Beide Ansätze sind vielversprechend. Der weitere Verlauf der Machbarkeitsstudie bzw. der klinischen Studie und die Langzeitbetreuung der Patienten sollten dieses Potenzial bestätigen.

 

 

Weitere Informationen:

Webseite von Carmat: http://www.carmatsa.com/

 

Quellen:

– Pressemitteilung des Inserm – 16.01.2015 – http://presse-inserm.fr/therapie-cellulaire-de-linsuffisance-cardiaque-premiere-implantation-de-cellules-cardiaques-derivees-de-cellules-souches-embryonnaires-humaines/17502/

– Artikel aus Le Monde – 17.01.2015 – http://www.lemonde.fr/journalelectronique/donnees/protege/20150117/html/1191190.html

– Artikel aus Le Parisien – 19.01.2015 – http://www.leparisien.fr/laparisienne/sante/video-le-retour-a-la-vraie-vie-de-l-homme-au-coeur-artificiel-19-01-2015-4459283.php#xtref=http%3A%2F%2Fwww.futura-sciences.com%2Fmagazines%2Fsante%2Finfos%2Factu%2Fd%2Fmedecine-bref-deuxieme-patient-coeur-carmat-va-bien-56844%2F

– Webseite von Carmat: http://www.carmatsa.com/

– Artikel aus Les Echos – 20.01.2015 – http://www.lesechos.fr/journal20150120/lec2_industrie_et_services/0204092013719-avancees-francaises-en-serie-dans-la-lutte-contre-linsuffisance-cardiaque-1084732.php?RECkUD40w5jxlxOV.99#

 

Redakteurin: Rébecca Grojsman, rebecca.grojsman@diplomatie.gouv.fr