SARS-CoV-2: Verstehen, wie es sich repliziert,… um es zu stoppen!

In-vitro-Experimente mit der In-silico-Modellierung der Enzyme zu kombinieren, die für die Vermehrung des Coronavirus in unserem Körper notwendig sind (Replikationsenzyme), das ist das Ziel von Isabelle Imbert. Diese Arbeit wird nicht nur zu einem besseren Verständnis des Lebenszyklus von SARS-CoV-2 führen, sondern auch Mittel zur Entdeckung neuer Behandlungsmethoden liefern. Isabelle Imbert, Forscherin am CNRS-Forschungslabor „Architektur und Funktion biologischer Makromoleküle“ an der Universität Aix-Marseille, ist Spezialistin für Koronaviren. Sie untersucht sie seit 2003, dem Jahr, in dem das erste für den Menschen hoch pathogene Coronavirus, SARS-CoV, auftauchte. Diese Epidemie, die ebenfalls in China begonnen hatte, befiel mehr als 8.000 Menschen und tötete 900. Im Anschluss daran setzte die Forscherin ihre Arbeit mit MERS-CoV fort, dem zweiten hochpathogenen Coronavirus, das 2012 im Nahen Osten auftauchte und dessen Letalitätsrate (der Anteil der tödlichen Fälle, die mit einer bestimmten Krankheit oder einem bestimmten im Zusammenhang stehen), nahezu 35% erreichte.

„Diese früheren Arbeiten haben es ermöglicht, zehn Jahre im Verständnis der Replikationsmechanismen dieses neuen Coronavirus zu gewinnen“, sagt sie. „Dabei handelt es sich um sehr große Viren mit RNA, dessen Genom im Durchschnitt dreimal so groß ist wie das von Viren der Hepatitis C oder des Dengue-Fiebers. Dieses Genom kodiert 16 Proteine, die an der Virusvermehrung beteiligt sind, im Vergleich zu den üblichen 4 oder 5″.

Das Team entdeckte, dass das Hauptreplikationsenzym des SARS-CoV von 2003 (die Polymerase) von zwei kritischen Kofaktoren unterstützt wurde. Darüber hinaus verfügen diese Viren über ein Enzym (eine Exonuklease), das eine „Qualitätskontrolle“ über das Genom ermöglicht, um Fehler zu korrigieren, die während der Replikation auftreten können. Dies erklärt die große Stabilität der RNA-Sequenz über die Zeit und zwischen verschiedenen Stämmen derselben Spezies“, erklärt Isabelle Imbert. „Dieser Mechanismus liefert auch einige Antworten auf die fehlende Wirkung von Ribavirin bei Patienten, die mit SARS-CoV oder MERS-CoV infiziert sind, obwohl es sich um ein Breitspektrum-Antivirusmittel handelt, das zum Beispiel gegen das Hepatitis-C-Virus wirksam ist. „Dieses Medikament wird anstelle einer Nukleotid-DNA und eines RNA-Basenmoleküls in die RNA des Virus eingebaut und stört so die Funktion des Virus. Dies wird als Nukleotidanalog bezeichnet. Aber bei Coronaviren wird es durch die Exonuklease ausgestoßen“, erklärt sie.

Identifizieren wirksamer Nukleotid-Analoga

Angesichts des derzeitigen Mangels an Behandlungsmöglichkeiten gegen Koronaviren starten Isabelle Imbert und ihre Mitarbeiter ein Projekt, das durch das vom Inserm koordinierte REACTing-Konsortium unterstützt wird. Dabei soll die Wirksamkeit neuer Nukleotidanaloga in vitro getestet und ein prädiktives Modell der Polymerase-Aktivität in silico entwickelt werden.

Zunächst wird das Team verschiedene Nukleotid-Analoga in vitro testen, um festzustellen, ob eines davon die Replikation der RNA des Virus stört. Wenn dann eine Wirkung beobachtet wird, wird die virale Exonuklease hinzugefügt, um zu sehen, ob sie dieses Analogon wie bei Ribavirin ausstößt oder nicht. „Ziel ist es herauszufinden, welche Analoga, die zum Zeitpunkt der Replikation in die RNA eingefügt werden, von der Exonuklease erkannt und ausgestoßen werden und welche umgekehrt in der RNA zurückgehalten werden und somit eine mögliche Behandlung darstellen könnten“, erklärt die Forscherin.

Der zweite Teil des Projekts, der parallel durchgeführt wird, zielt darauf ab, die Aktivität der Polymerase durch Computermodellierung („in silico“) unter Verwendung von Ansätzen der künstlichen Intelligenz vorherzusagen. Zu diesem Zweck hat Isabelle Imbert Partnerschaften mit zwei Speziallaboraratorien geschlossen. „Zunächst werden wir den Algorithmus mit Daten füttern, die aus in vitro-Experimenten zur Polymerase-Aktivität gewonnen wurden. Ziel ist es dann, das Verhalten dieser viralen Polymerase anhand einer gegebenen RNA-Sequenz vorherzusagen. Wir wollen die Grundlagen dafür schaffen, dass deren Verhalten gegenüber der Wirkung von Nukleotidanaloga vorhersehbar ist“, schließt die Forscherin.

Quelle : INSERM – https://www.inserm.fr/actualites-et-evenements/actualites/sars-cov-2-comprendre-comment-il-replique-pour-en-empecher