Covid-19: Entdeckung der Mechanismen für den kurz- und langfristigen Geruchsverlust

Covid-19, verursacht durch das SARS-CoV-2-Virus, ist vor allem eine Atemwegserkrankung. Jedoch klagen viele Patienten auch über andere Symptome, darunter über den plötzlichen Verlust des Geruchsinns. Die direkte Rolle des Virus bei der Anosmie war bis heute unbekannt. Eine Hypothese war, dass ein temporäres Ödem in den Riechspalten den Luftdurchstrom verhindert, der die Geruchsmoleküle zu den Riechzellen transportiert (Gefühl von „verstopfter Nase“).

Die Studie wurde an Patienten mit Covid-19 durchgeführt und durch Analysen an einem Tiermodell ergänzt. Sie zeigt überraschenderweise, dass herkömmliche PCR-Tests negativ sein können, obwohl das Virus tief in der Nasenhöhle, im Riechepithel, vorhanden ist. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Diagnose von SARS-CoV-2 durch Nasenbürsten als Ergänzung zum Nasen-Rachen-Abstrich beim PCR-Test bei Patienten mit Geruchsverlust in Betracht gezogen werden könnte.

Die Studie erklärt auch den Mechanismus des Covid-19-bedingten Geruchsverlustes, indem sie chronologisch verschiedene Stadien aufzeigt:

1) das Verschwinden der Flimmerhärchen (die für die Aufnahme von Geruchsmolekülen durch die sensorischen Nervenzellen verantwortlich sind) auf den sensorischen Nervenzellen nach der Virusinfektion

2) Präsenz des Virus in den sensorischen Nervenzellen

3) die Störung des Riechepithels (Sinnesorgan) aufgrund von Apoptose (Zelltod). Das Epithel besteht aus gleichmäßig angeordneten Lamellen, deren Struktur durch eine Corona-Infektion zerstört wird.

4) das Eindringen des Virus in das erste zerebrale Relais des Geruchssystems, den Riechkolben

5) das Vorhandensein einer Nervenentzündung und viraler RNA in verschiedenen Hirnregionen.

Diese Studie zeigt, dass der Verlust des Geruchsinns auch die Folge einer Schädigung des Sinnesorgans ist, das sich im hinteren Teil der Nasenhöhlen befindet. „Wir haben festgestellt, dass nicht nur die sensorischen Nervenzellen mit SARS-CoV-2 infiziert sind, sondern auch der Geruchsnerv und die olfaktorischen Nervenzentren im Gehirn“, kommentiert Pierre-Marie Lledo, CNRS-Forscher, Leiter der Abteilung Wahrnehmung und Gedächtnis (Institut Pasteur/CNRS) und Co-Autor der Studie.

Eine weitere wichtige Beobachtung wurde an Tiermodellen gemacht und zeigt, dass das Virus, sobald es in den Riechkolben eingedrungen ist, sich auch auf andere Nervenstrukturen ausbreitet, wo es eine starke Entzündungsreaktion hervorruft. Die Infektion der Riechzellen könnte somit ein Einfallstor zum Gehirn darstellen und erklären, warum bestimmte Patienten verschiedene klinische Symptome entwickeln, sowohl psychologische (Angststörungen, Depression) als auch neurologische (kognitiver Verfall, Anfälligkeit für die Entwicklung einer neurodegenerativen Erkrankung), die ebenfalls in weiteren Studien untersucht werden müssen.

Quelle: Communiqué Inserm

Veröffentlichung: Science Translational Medicine