Deutsch-französischer Workshop zur Systembiologie in der Französischen Botschaft

Am 23. November 2012 fand in der französischen Botschaft ein deutsch-französischer Workshop zum Thema „medizinische Systembiologie“ statt. Diese Veranstaltung wurde von der Abteilung für Wissenschaft und Technologie der Französischen Botschaft in Berlin, in Partnerschaft mit BioTOP, dem Biotechnologie-Cluster der Region Berlin-Brandenburg, organisiert.

 

Das Treffen wurde von Karin Effertz, als Vertreterin des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), und Jean-Michel Heard, Direktor der Abteilung für Biologie und Gesundheit der Agentur für Forschungsförderung (ANR) eröffnet. Ziel war es, die jüngsten Fortschritte in diesem Forschungsbereich vorzustellen, bei dem es um die genauere Darstellung komplexer biologischer Systeme geht und darum diese besser zu verstehen, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung neuer Diagnose- und Therapie-Methoden für komplexe Krankheiten.

 

Bei der Biologie geht es nicht mehr nur um die einzelnen Interaktionen zwischen zwei Molekülen, sondern sie betrachtet jede einzelne Zelle, jedes Organ bzw. jeden Organismus als eigenständiges System, in dem sich alle Moleküle gegenseitig direkt oder indirekt beeinflussen. Auf die Medizin angewandt bedeutet das, dass in absehbarer Zeit Therapien an virtuellen Systemen (Zellen, Organen und schließlich vollständigen Organismen) getestet werden könnten, um so Tierversuche sowohl bei der Medikamententwicklung, als auch bei der Anpassung der Behandlung an den einzelnen Patienten (personalisierte Medizin) zu umgehen.

 

1) Ein aufstrebender Bereich in Frankreich und Deutschland

 

Während des Workshops konnten die verschiedenen, eingeladenen französischen Institute (die Ecole Normale Supérieure, das Institut Curie, das Institut Pasteur; das Forschungszentrum für Krebsforschung in Marseille-Luminy, etc.) die Ergebnisse ihrer Spitzenforschung präsentieren sowie die finanziellen Mittel, die für diesen Bereich zur Verfügung gestellt wurden. Die ANR stellte ihre in den letzten sieben Jahren gestarteten Programme vor (250 Millionen Euro für offene bzw. themenspezifische Projekte). Herr Heard wies ebenfalls auf die im Rahmen des Programms „Zukunftsinvestitionen“ geleistete Unterstützung hin (300 Millionen Euro für die kommenden zehn Jahre).

 

Auf deutscher Seite wurde die Intensivierung der translationalen Forschung, die sich auf die Systembiologie stützt, mit der Schaffung des Berlin Institut of Health, das die Annäherung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin bekräftigt, verankert. Das Institut wird für den Zeitraum 2013-2018 mit 300 Millionen Euro gefördert. Es soll die bereits bestehende Kooperation im Bereich Systembiologie intensivieren und die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und privaten Unternehmen stärker betonen.

 

2) Eine Gelegenheit für ein umfassenderes Angebot an deutsch-französischer Ausbildung

 

Am Rande der deutsch-französischen Konferenz ging es bei einer Tagung um das Thema der Ausbildung im Bereich Systembiologie. Mit Hilfe der Programme der Deutsch-Französischen Hochschule (bilateral betreute Doktorarbeiten, deutsch-französische Graduiertenkollegs, PhD-Tracks, etc.) wurden künftige Felder der Zusammenarbeit bei der Ausbildung in diesem innovativen Bereich festgelegt. Die Schaffung neuer Bachelor-, Master- und Doktoranden-Programme soll die Entwicklung der wichtigsten Fachbereiche fördern: Bioinformatik, Computeranalysen, mehrstufige Modellierung, etc.

 

Es wurde weiterhin die Möglichkeit erörtert, die Zusammenarbeit zwischen deutschen und französischen Universitäten zu verstärken, um den Studentenaustausch zu intensivieren und ihm einen deutsch-französischen Anstrich zu geben.

 

3) Die größten Herausforderungen für die Wissenschaft

 

Auf der Konferenz wurden die größten Herausforderungen bei der Anwendung der Systembiologie in der Medizin thematisiert. Neben der Vorstellung verschiedener Forschungsinstitute, die in diesem aufstrebenden Bereich der medizinischen Forschung verstärkt tätig sind (z.B. das Institut Curie), wurden Forschungsergebnisse von namhaften Wissenschaftlern dargelegt und diskutiert, insbesondere in den Bereichen:

 

  • Computerbiologie – die rechnergestützte Verwaltung der unzähligen Daten aus den wichtigsten Bereichen der Biologie (Genomik, Proteomik, Metabolomik, Transkriptomik, etc.) und ihre Inkrementierung in Form von Systemen zur Modellierung und Simulation.
  • Genomik – Nutzung der bei der Sequenzierung des menschlichen Genoms gewonnenen genetischen Daten zur Optimierung virtueller biologischer Systeme auf der Grundlage der Analyse dieser Daten auf verschiedenen Ebenen (Moleküle, Zellen und Gewebe)
  • Anwendung der Systembiologie auf verschiedene Krankheiten: Modellierung des Immunsystems, Suche nach Biomarkern zur Krebsfrüherkennung, epidemiologische und genomische Assoziationsstudien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen

 

Das wichtigste Ziel dieser Veranstaltung war eine Zusammenführung deutscher und französischer Wissenschaftler im Hinblick auf künftige Kooperationen, beispielsweise bei der Ausbildung künftiger Forscher im Bereich Systembiologie, aber auch bei der Erarbeitung gemeinsamer Projekte.

Das deutsch-französische Kolloquium fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem auf europäischer Ebene ein Projekt gestartet wurde, das im Rahmen des Fahrplans des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) die Schaffung einer europäischen Infrastruktur für Systembiologie (ISBE) vorsieht.

 

 

Quelle: Abteilung für Wissenschaft und Technologie der französischen Botschaft in Berlin

 Artikel in  „European Hospitals“ lesen

Redakteure: Stéphane Roy / Louis Thiebault

 

Übersetzerin: Jana Ulbricht