Health Data Hub: Größte #Gesundheitsdatenbank der Welt entsteht in Frankreich

 

Frankreich hat hierbei einen besonderen Standortvorteil: Seit 1998 werden die Daten der Nationalen Krankenversicherung und damit der gesamten Bevölkerung zentral gesammelt. Mittlerweile sind die Daten der Krankenhäuser, Todesursachen und Daten zu Behinderungen hinzugekommen und 2018 wurde die digitale Gesundheitsakte (dossier médical partagé, DMP) eingeführt. Sie wird auf freiwilliger Basis bereits von sieben Millionen Menschen in Frankreich genutzt. Die HDH macht diese Informationen nun umfänglich auswertbar. Zehn Datenbanken werden von der HDH bereits erfasst, geplant sind 40 bis 50. So werden beispielsweise die 1,5 Millionen Patientenakten des Nationalen Krebsinstituts (Institut national sur le cancer) ergänzt. Damit soll die größte Gesundheitsdatenbank der Welt entstehen. Voraussichtlich 60 Angestellte werden die Infrastruktur pflegen, die pro Jahr 20 Millionen Euro kosten wird, finanziert vom Staat sowie von den Zugangsgebühren privatwirtschaftlicher Unternehmen.

Den Zugriff auf diesen umfänglichen Gesundheitsdaten-Pool kann jeder bei der Datenschutzbehörde CNIL (Commission nationale de l’informatique et des libertés) beantragen. Sind Studien, Forschungen oder Auswertungen im öffentlichen Interesse geplant, kann die CNIL eine Bewilligung erteilen. Gesetzlich untersagt ist hingegen die Verwendung der Daten für den Verkauf von Gesundheitsprodukten, um Versicherungsgarantien zu prüfen oder Versicherungsbeiträge anzupassen.

19 erste Forschungsprojekte wurden von einer Jury aus 180 Bewerbungen ausgewählt und erhalten Zugriff auf die HDH. Wie die Tageszeitung „La Tribune“ schreibt, ist kein großer Pharmakonzern darunter. Sie dürfen in einer gesicherten Umgebung ihre KI mit den Gesundheitsdaten testen, die sensiblen Daten aber nicht kopieren oder lagern. Erforscht werden soll zum Beispiel die bessere Vorhersage von Herzinfarkten bei Patienten mit Herzschrittmachern oder der mögliche Beitrag von KI zur Erkennung von Brustkrebs.

In Frankreich werden die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung und insbesondere die HDH intensiv debattiert. Im Zentrum steht die Frage der Datensicherheit und -weitergabe. Datenschützer wie der Verein „Quadrature du Net“ (LQDN) sehen vor allem die Nutzung der HDH durch Unternehmen kritisch. Laut dem Verein sei es nicht sicher, ob die Nutzung der Daten wie versprochen zu einer besseren Versorgung der Patienten führe. Gleichzeitig sei nicht klar geregelt, was genau mit den Daten und den Forschungsergebnissen passiert, wem die Daten gehören, ob sie öffentliches Gut sind oder ein Rechtsanspruch jedes Einzelnen auf Eigentümerschaft bestehe.

Zudem werden die Daten des Health Data Hub in der ersten Projektphase auf Servern des US-amerikanischen Technologiekonzerns Microsoft gelagert. Entgegen französischer Anbieter habe dieser zum Zeitpunkt der Ausschreibung die entsprechende Zertifizierung besessen, schreibt die Tageszeitung „Le Monde“. Prinzipiell könnte Microsoft aber gezwungen werden, die Daten der US-amerikanischen Regierung zugänglich zu machen – und das obwohl die Server in Frankreich stehen (Cloud Act). Dem steht wiederum die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entgegen, die die Weitergabe an Drittstaaten ohne vorheriges – mit den USA nicht vorhandenes – Abkommen untersagt. Die Direktorin der HDH, Stéphanie Combes, verwies gegenüber „Le Monde“ darauf, dass die Daten pseudonymisiert und verschlüsselt gespeichert würden und die HDH den bisherigen Sicherheitsüberprüfungen standgehalten hätte. Ein weiterer Streitpunkt ist die Zentralisierung der verschiedenen Datenbanken, die von den jeweiligen Akteuren teils mit hohem Aufwand über Jahre aufgebaut wurden. Unklar sei etwa, welchen Vorteil oder welche Aufwandsentschädigung diese für die Weitergabe erhalten werden. Und schließlich wird debattiert, wer an der Auswertung von Gesundheitsdatensätzen und der Erstellung entsprechender Algorithmen eigentlich beteiligt ist. Im Gesetz für Bioethik, das in Kürze verabschiedet werden soll, soll festgeschrieben werden dass hierfür zwingend medizinisch geschultes Fachpersonal konsultiert werden muss.

Zum Nachlesen (Französisch)

Redaktion: Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule
Quelle: Le Monde, La Tribune, La Croix, TV5 Monde, Frz. Gesundheitsministerium