Neue deutsch-französische Forschungseinheit zu Krebs und Infektionen

Das französische Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (Inserm) richtet im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erneut eine Forschungsgruppe ein. Das Forscherteam unter der Leitung des Pathologen Professor Dr. Henri-Jacques Delecluse erforscht die Zusammenhänge zwischen Infektionen mit Viren und Bakterien und der Krebsentstehung.

 

Epstein-Barr Viren (EBV), die zur Familie der Herpesviren gehören, sind bei uns in erster Linie als Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers – der so genannten Kuss-Krankheit – bekannt. In anderen Teilen der Welt begünstigt das Virus dagegen Krebserkrankungen; in Zentralafrika das Burkitt-Lymphom, im asiatischen Raum verschiedene Tumore des Nasen-Rachenraums. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa zwei Prozent aller Krebsfälle weltweit auf EBV zurückzuführen sind.

 

Seit über 15 Jahren erforscht Professor Dr. Henri-Jacques Delecluse die molekularen Vorgänge, die EBV-infizierte Zellen zu Krebs entarten lassen. Seit Beginn dieses Jahres ist der Mediziner nun Direktor der neuen Forschungseinheit ″Unité Inserm 1074″, die das Inserm am DKFZ eingerichtet hat. Die Forscher interessieren sich neben den Virus- auch für Bakterieninfektionen. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Krebsentstehung in so genannten Epithelzellen, die alle inneren und äußeren Körperoberflächen auskleiden.

 

Delecluse war es in den vergangenen Jahren bereits gelungen, EBV-Mutanten herzustellen, die kein Erbgut in ihrer Proteinhülle einschließen und daher keinerlei Krankheit verursachen können. Für das Immunsystem gleichen die leeren Virushüllen jedoch dem intakten Erreger und sind daher ein ideales Ausgangsmaterial für einen Impfstoff. Die frischgebackenen Inserm-Forscher wollen diese so genannten ″virusähnlichen Partikel″ nun nutzen, um Immuntherapien gegen EBV-infizierte Zellen und möglicherweise sogar eine vorbeugende Impfung gegen das Virus zu entwickeln, die auch vor den EBV-assoziierten Krebserkrankungen schützen soll.

 

Um den Zusammenhang zwischen infektionsbedingten chronischen Entzündungen und Krebs zu untersuchen, haben die Wissenschaftler um Delecluse eine bestimmte Form der chronischen Entzündung des Gallengangs als Modell gewählt, die möglicherweise durch Bakterien verursacht wird. Die Patienten entwickeln oft Gallengangkrebs als Spätfolge ihrer Erkrankung. Delecluse und seine Mitarbeiter wollen nun molekulare Marker identifizieren, die frühzeitig auf eine Krebsentstehung hinweisen. Das könnte die Heilungschancen für diese gefährliche Krebserkrankung deutlich verbessern. Dazu untersuchen sie, wann im Verlauf der Krankheitsentwicklung welche genetischen Veränderungen und welche Botenstoffe in den entzündeten Geweben auftreten.

 

Das DKFZ und das Inserm finanzieren die Unité 1074 als gemeinsame Forschungsgruppe anteilig. Die Förderung ist für zunächst fünf Jahre vorgesehen und kann verlängert werden. Der gebürtige Franzose Delecluse leitet nicht die erste Inserm-Gruppe am DKFZ: Von 1993 bis 2011 war bereits die Inserm Unité Krebs-Virotherapie unter der Leitung von Professor Jean Rommelaere am DKFZ angesiedelt. Rommelaere und sein Team entwickelten eine Virustherapie gegen Krebs, die sie inzwischen sogar schon bei bösartigen Hirntumoren in die klinische Erprobung überführen konnten. Möglicherweise hat dieser Erfolg dazu beigetragen, dass sich das DKFZ der französischen Forschungsinstitution als gute Adresse für hochkarätige wissenschaftliche Arbeit eingeprägt hat.

 

Kontakte: – Prof. Henri-Jacques Delecluse, MD, PhD – DKFZ – Tel.: +49 6221 424870 – E-Mail: h.delecluse@dkfz.de – http://www.dkfz.de/en/forschung/schwerpunkte/fsp-f.php

Quelle: Pressemitteilung des DKFZ – 28.03.2012 – http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2012/dkfz-pm-12-14-Neue-deutsch-franzoesische-Forschungseinheit-zu-Krebs-und-Infektionen.php