Vom Konzept zur Realität: Wie das Urbanloop-Projekt die städtische Mobilität in Nancy, Frankreich revolutionieren soll

Wird die nächste Generation innovativer städtischer Verkehrsnetze aus der Region Grand Est kommen? Derzeit werden Tests mit der Urbanloop-Kapsel auf einem 1.200 Meter langen Schienenring durchgeführt, der auf einem 4,5 Hektar großen Gelände in Meurthe-et-Moselle installiert wurde. Bevor am 28. Mai der Weltrekord für den niedrigsten Energieverbrauch pro Kilometer eines autonomen Schienenfahrzeugs gebrochen werden soll, war Urbanloop nur das Ergebnis eines Projekts der Ecole Nationale Supérieure d’Électricité et de Mécanique in Nancy.

„2017 haben wir Studenten mit einem Projekt zum Thema Mobilität betraut. Sie sollten sich ein ökologisches, ökonomisches, für alle bezahlbares, sicheres und mit den aktuellen Technologien realisierbares Transportmittel überlegen“, erzählt Jean-Philippe Mangeot, Initiator des Projekts und Dozent. Danach begann die Idee, die eigentlich nie verwirklicht werden sollte, reale Formen anzunehmen. Nachdem das Urbanloop-Projekt entwickelt und eine Kapsel in Originalgröße auf einem 250-Meter langen Schienenring getestet wurde, wurde der Urbanloop nun auf einem Ring von 800 Metern und einem zweiten von 400 Metern, mit drei Stationen erprobt.

Ökologisch und ökonomisch

Urbanloop besteht aus mehreren einzelnen, mit Strom betriebenen Kapseln, in denen zwei Personen Platz finden, z.B. eine Person mit eingeschränkter Mobilität und ihre Begleitperson oder ein Radfahrer mit seinem Fahrrad. „Wir verwenden Motoren mit geringem Stromverbrauch, wie die von Fahrrädern oder Rollern.“

Verwendet werden bürstenlose Gleichstrommotoren mit einer Leistung von 3 kW, 50 Ampere und einer Spannung von 42-72 V DC für den Antrieb der Kapsel, die weniger als einen Cent pro Kilometer verbraucht. Dank dieser Komponenten erreicht die Kapsel eine Spitzengeschwindigkeit von 75 km/h und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h. „Ziel ist es, das Auto aus dem Stadtzentrum zu verbannen, weshalb es einer Mobilitätslösung bedarf, die schneller ist.“ Das System versteht sich als echter „Service on Demand“, mit dem Wartezeiten vermieden werden und die Schienennetzauslastung verteilt wird.

Intelligente Kapseln

Urbanloop nutzt auch künstliche Intelligenz, um die Flotte zu steuern, die Route der Kapseln zu planen und den Gesamtverkehr zu optimieren, indem die Fahrten der Nutzer vorausgeplant werden. „Wir nutzen High-Level-Software für die Vorausberechnung von Fahrten durch die Analyse existierender Daten, die Einbeziehung von Wetterprognosen, die Synchronisation mit dem öffentlichen Nahverkehr und durch die Nutzung der Daten aus mobilen Anwendungen der Nutzer.“

Jedes Transportmodul kommuniziert seine Position regelmäßig über ein 4G-Austauschnetz. Die erzielten besonders kurzen Austauschzeiten führen zu einer genauen Positionskontrolle, die mit der Einführung der 5G-Netzabdeckung weiter verbessert werden könnte (in der Größenordnung von etwa 1 ms). Der über einen Computer zentralisierte Austausch ermöglicht die Optimierung von Geschwindigkeiten, die Entlastung überlasteter Schienenringe, die Versorgung aller Stationen zu jeder Zeit, das Erkennen von Zeiten hoher Auslastung usw.

Die Interaktion jeder Kapsel mit ihrer Umgebung ermöglicht es uns, die beste Route zwischen zwei Punkten in Echtzeit zu finden. „Wir verfügen auch über ein Sicherheitssystem ohne künstliche Intelligenz, das die Positionierung der Fahrzeuge in Echtzeit auf ihrer Route garantiert.“

Die Zukunft auf der Schiene

Nach zwei ersten Fundraising-Aktionen ist für den Urbanloop eine dritte Aktion geplant, mit der zwischen 700.000 € und 1 Mio. € an Mitteln eingeworben werden sollen. Die dritte Mittelbeschaffung erfolgt, sobald der Weltrekord erreicht ist und der zweite der drei für den öffentlichen Nahverkehr erforderlichen Anträge eingereicht wurde. Gleichzeitig hat die Stadt Nancy kürzlich ihr Interesse an Urbanloop bekundet und eine städtebauliche Studie in Auftrag gegeben. Erweist diese sich als erfolgreich, könnte das System 2024 bereits in Betrieb genommen werden.

Die Kosten für eine Straßenbahn belaufen sich auf 20 Millionen Euro pro Kilometer, wohingegen Urbanloop zwischen einer und vier Millionen pro Kilometer kostet„, erklärt Jean-Philippe Mangeot. Nach Angaben des Projekt-Initiators werden 150 Kapseln, verteilt über 5 Kilometer Gleise, 3.000 Personen pro Stunde befördern können.

Quelle: Magazin « L´Usine Nouvelle » 09 04. 2021

Redaktion: Nadège Hubert