Wissenschaftler des Cirad setzen sich für eine bessere Verbreitung von Pflanzensamen ein.

Viele Kulturpflanzen sind vom Aussterben bedroht. Zwar wird ein Teil dieser biologischen Vielfalt in Form von Sammlungen in Saatgutbanken aufbewahrt, doch geschieht dies vor allem zu Zwecken der Sortenentwicklung. Ein Wissenschaftlerteam des Cirad (französisches Zentrum für internationale Zusammenarbeit in der Agrarforschung) empfiehlt, diese Sammlungen für möglichst viele Menschen zugänglich zu machen, um diese Biodiversität mit Leben zu erfüllen und sie so besser zu erhalten. Dies ist ein zentrales Anliegen, da unsere Ernährung künftig davon abhängt, wie wir diese kultivierte Biodiversität in Zukunft nutzen.

Jeder hat mindestens einmal die beeindruckenden Bilder der weltweiten Saatgutreserve auf Spitzbergen gesehen. Diese Saatgutbanken, die als Kornkammer des Planeten oder als Bollwerk gegen eine weltweite Nahrungsmittelkrise bezeichnet werden, haben zwar ihren Nutzen, werden aber allein nicht ausreichen, um die kultivierte Biodiversität zu schützen oder gar den globalen Wandel zu bewältigen. Der Ausdruck “Erhalt der biologischen Vielfalt” klingt mehr nach Abschirmen, nach einem starren Schutz, wie es bei den in Spitzbergen aufbewahrten Samen der Fall ist. Doch die lebendige Welt besteht aus Interaktionen zwischen Arten, Gesellschaften und ihrer Umwelt.

Im Cirad setzt sich ein Team von Forscherinnen und Forschern für ein dynamisches Management der Biodiversität und vor allem der Vielfalt der Kulturpflanzenarten ein. Im Gegensatz zur Artenvielfalt in der freien Natur werden Kulturpflanzen seit Jahrtausenden von der menschlichen Gesellschaft geprägt. De facto hängt ihre Erhaltung von ihrer Nutzung ab. Wenn wir aufhören, sie zu nutzen, verschwinden sie, und genau das passiert heute.

Die biologische Vielfalt für Ernährung und Landwirtschaft ist laut einem von der Welternährungsorganisation FAO 2019 veröffentlichten Bericht im Rückgang begriffen. Allein neun Pflanzensorten machen heute 66 % der weltweiten Ernten aus. Mehrere Studien belegen jedoch die Vorteile der Anbaudiversifizierung für die Ökosysteme, aber auch für die Resilienz ländlicher Haushalte.

Ein Teil der kultivierten Biodiversität wird in Biobanken aufbewahrt, die auch als Saatgut-, Samen- oder Genbanken bezeichnet werden. In diesen Infrastrukturen werden genetische Ressourcen gesammelt, aufbewahrt und in Form von Saatgutpaketen in kleinen Mengen verteilt. Die Herausforderung besteht also darin, den Zugang zu diesem Saatgut zu öffnen und eine Zusammenarbeit mit den am Diversitätsmanagement beteiligten Akteuren aufzubauen, um deren Bedürfnissen und Erwartungen besser gerecht zu werden. Dieses dynamische Management der genetischen Ressourcen der Biobanken ist wichtig, um dem Klimawandel zu begegnen, birgt jedoch auch gewisse Risiken und zwingt die Wissenschaftler, ihre Methoden zu hinterfragen. Bisher bestand der Großteil des ex situ aufbewahrten Saatguts aus genetisch homogenen Saatgutlinien mit Merkmalen von agronomischem Interesse, die von den Züchtern festgelegt wurden. Im Gegensatz dazu werden auf den Feldern der Bauern, insbesondere auf denen zur Nahrungsmittelproduktion, hauptsächlich genetisch heterogene Pflanzensorten in situ verwendet. Diese Bewirtschaftung ist dynamisch, da sich die Kulturpflanzen im Laufe der Zeit an klimatische Veränderungen und Bedürfnisse anpassen.

Mit dieser Zielsetzung wurde die Initiative Tiers-div ins Leben gerufen. Dieser der Kulturpflanzenvielfalt gewidmete Rahmen bringt Wissenschaftler, Landwirte, Saatgutproduzenten und Biobanken-Verwalter zusammen, um den Dialog zwischen ihnen zu erleichtern und die Kulturpflanzenvielfalt kollektiv und dynamisch zu verwalten, damit sich die landwirtschaftlichen Produktions- und Lebensmittelsysteme an die globalen Veränderungen anpassen können.

Quelle: Cirad