Deutsch-französische Zusammenarbeit in der Physik: Der französische Forschungsgruppe Stereo und das Max-Planck-Institut in Heidelberg verwerfen die Hypothese des sterilen Neutrinos
Die Forschungsgruppe Stereo, die aus Forscherinnen und Forschern des CEA, des CNRS, der Université Grenoble Alpes (UGA), der Université Savoie Mont Blanc (USMB), des Institut Laue-Langevin (ILL) und des MPIK Heidelberg besteht, hat während ihrer sechs Jahre andauernden Messungen keine Spuren von sterilen Neutrinos gefunden. Dieses Ergebnis hat Auswirkungen auf viele Bereiche der Physik. Die Studie wird am 12. Januar in der Nature veröffentlicht.
Die Physikerinnen und Physiker der Forschungsgruppe Stereo sind sich einig: Wenn es eine Anomalie in den Neutrinos gibt, die von Kernreaktoren ausgestrahlt werden, dann ist das sterile Neutrino nicht die Ursache dafür. Die aus Forscherinnen und Forschern des CEA, des CNRS, der UGA, der USMB, des ILL und des deutschen MPIK Heidelberg bestehende Gruppe hat sechs Jahre lang, mit Hilfe eines einzigartigen Experiments, das Neutrinos aus dem Kernreaktor des ILL untersucht, nach diesem Teilchen gesucht und keine Spur von ihm gefunden.
Das Experiment setzt jahrelangem Rätseln ein Ende. Die Existenz des sterilen Neutrinos ist eine natürliche Erweiterung des Standardmodells, das von der Teilchenphysik seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Mithilfe des Teilchens könnten noch unverstandene physikalische Phänomene wie Dunkle Materie erklärt werden. Die Physikerinnen und Physiker der Forschungsgruppe glaubten, in mehreren Experimenten an Kernreaktoren eine Spur davon zu entdecken, und zwar in Form eines Defizits an aus der Spaltung stammenden Neutrinos, im Vergleich zur Vorhersage.
Die von Stereo gelieferte Energieverteilung der Neutrinos aus der Spaltung von Uran-235 ist somit ein Referenzwert, die Grundlage für ein umfassendes Programm zur Neubewertung der Beta-Emissionen von Spaltprodukten, die in nuklearen Datenbanken beschrieben sind. Dank dieses Programms werden beispielsweise die Phänomene, die bei einer aktuellen oder zukünftigen Reaktorabschaltung herrschen, mit größerer Genauigkeit verstanden werden können. Die Ergebnisse von Stereo bilden auch eine solide Grundlage für die kommende Generation von Versuchen an Reaktoren, für eine mögliche Überwachung der Reaktoren durch die Messung der emittierten Neutrinos, für die Untersuchung der Massenhierarchie dieser Neutrinos sowie für weitere Tests des Standardmodells bei niedrigen Energien.
Stereo ist ein deutsch-französisches Experiment, das von einem Team aus Wissenschaftlern des CEA-Instituts Irfu in Saclay, des Instituts Laue-Langevin in Grenoble, des Laboratoire de physique des particules d’Annecy (LAPP, CNRS/USMB), des Laboratoire de physique subatomique et de cosmologie de Grenoble (LPSC, CNRS/UGA) und des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg (MPIK), entwickelt und durchgeführt wurde.
Quelle: Pressemitteilung des CEA
Image / Copyright D. Morel / CEA