Ein europäisches Konsortium zur Früherkennung von Schlaganfall und Vorhofflimmern

Interview mit Anne-Sophie Taillandier, Direktorin von Teralab, der Big-Data- und KI-Plattform des ITM, einem Mitglied dieses Konsortiums. 

Aufgrund welcher Gesundheitslage wurde das MAESTRIA-Projekt entwickelt?

Anne-Sophie Taillandier – Vorhofflimmern (AF), eine Herzrhythmusstörung, und Schlaganfälle gehören zu den großen Gesundheitsproblemen in Europa. Sie sind meist der klinische Ausdruck einer atrialen Kardiomyopathie, die aufgrund fehlender spezifischer Diagnoseinstrumente nur unzureichend erkannt wird.

Welches Ziel verfolgt MAESTRIA?

AST – MAESTRIA (für Machine Learning Artificial Intelligence for Early Detection of Stroke and Atrial Fibrillation) zielt darauf ab, die mit Vorhofflimmern verbundenen Risiken zu verhindern, um die Gesundheit der europäischen Bevölkerung auch im Alter zu gewährleisten. Zur Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern und Schlaganfall sind multidisziplinäre Forschung und stratifizierte Ansätze (Anpassung der Behandlung an die biologischen Merkmale des Patienten) erforderlich.

Welche Technologien kommen zum Einsatz?

AST – Es werden „Digitale Zwillinge“ (digital twin), die Biophysik und künstliche Intelligenz (KI) kombinieren, eingesetzt, um virtuelle Zwillinge der menschlichen Herzvorhöfe anhand von patientenspezifischen Daten zu erzeugen.

MAESTRIA wird multiparametrische digitale Instrumente entwickeln, die auf einer neuen Generation von Biomarkern basieren, die künstliche Intelligenz (KI) nutzen und Megadaten aus modernsten Bildgebungs-, Elektrokardiographie- und Omics-Technologien (einschließlich physiologischer Reaktionen, die auf die individuelle Empfindlichkeit und den Lebensstil abgestimmt sind) integrieren. Es werden diagnostische Instrumente und personalisierte Therapien für die atriale Kardiomyopathie entwickelt.

Eine einzigartige experimentelle Forschung im Großtiermodell, laufende Patientenkohorten und eine prospektive Kohortenstudie mit MAESTRIA-Patienten ermöglichen eine gründliche Validierung der neu entwickelten Biomarker und Instrumente. Ein spezielles Zentrallabor wird die klinischen Daten sammeln und vereinheitlichen. MAESTRIA wird als benutzerorientierte Plattform konzipiert, die über klinische Parameter, die in europäischen Krankenhäusern üblich sind, leicht zugänglich ist.

Welche Rolle spielt Teralab, die Big-Data- und KI-Plattform von ITM?

AST – Das TeraLab-Team unter der Leitung von Natalie Cernecka und Luis Pineda spielt in diesem Projekt eine zentrale Rolle, und zwar in dreifacher Hinsicht. Zum einen wird TeraLab daran beteiligt sein, die Verfügbarkeit der heterogenen und sensiblen Gesundheitsdaten für das Konsortium sicherzustellen und dabei die rechtliche und sicherheitstechnische Kompatibilität zu garantieren.

Zweitens wird TeraLab das Managementinstrument für die Daten des Projekts aufbauen und verwalten und es den Forschungsteams zur Verfügung stellen, damit diese sie zusammenstellen und analysieren können, um dann die Ergebnisse in einem Demonstrator für Ärzte und Patienten zusammenzuführen.

Schließlich wird TeraLab den Datenverwaltungsplan (DMP) steuern, der ein wesentlicher Bestandteil jedes europäischen Projekts ist. Dabei handelt es sich um ein dynamisches Dokument, das einen Plan für die Verwaltung der im Projekt verwendeten und erzeugten Daten definiert. Dieser Plan wird zu Beginn des Projekts initiiert und in regelmäßigen Abständen aktualisiert, um seine Eignung in Bezug auf die Projektentwicklung sicherzustellen. Dies ist umso wichtiger, da es sich um das Management von Gesundheitsdaten handelt.

Wer sind die MAESTRIA-Partner?

AST – MAESTRIA ist ein europäisches Konsortium von 18 Klinikärzten, Wissenschaftlern und Akteuren der pharmazeutischen Industrie, die eine Vorreiterrolle bei der Forschung und medizinischen Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfall einnehmen. Ein wissenschaftlicher Beirat aus potenziellen klinischen Anwendern wird MAESTRIA dabei unterstützen, die klinischen und Marktanforderungen zu erfüllen.

Es ist ein internationales Projekt, das sich auf die Länder der EU konzentriert, aber auch Partner aus England, Kanada und den Vereinigten Staaten einschließt. So hat beispielsweise die Universität Oxford interessante Lösungen für die Verarbeitung und Sammlung kardiologischer Daten entwickelt. Sie ist Teil des Konsortiums und wir werden natürlich mit ihren Forschern zusammenarbeiten.

Wir haben wichtige französische Partner wie die AP-HP (öffentlich-rechtliche Krankenhauseinrichtung von Paris), die an der Datenweiterleitung und -verwaltung beteiligt ist. Das Projekt wird von der Sorbonne-Universität koordiniert.

Was sind die nächsten wichtigen Schritte des Projekts?

AST – Das MAESTRIA-Projekt ist gerade gestartet. Der erste wichtige Schritt ist die Bereitstellung der Daten und die Definition des rechtlichen Rahmens.

Da die in diesem Projekt verwendeten Daten heterogen sind – daher das Interesse, sie zusammenzuführen -, ist es notwendig, die Besonderheiten jedes Datentyps (menschliche Daten, Tierdaten, Bilder, medizinische Dateien, etc.) zu verstehen und unsere Arbeitsbereiche an die Nutzer anzupassen. Da es sich um sensible Daten handelt, stehen die Herausforderungen bezüglich Sicherheit und Vertraulichkeit an erster Stelle.

Quelle: Magazin I´mTech 

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